Montag, 25. Juni 2012

[Rezension] Eleanor Brown - Die Shakespeare-Schwestern






"Wir lieben uns. Wir mögen uns nur nicht besonders."
Ein sehr spannender, antithetischer Einleitesatz für ein solch turbulentes Buch.

Ich habe diesen Roman im Rahmen einer Leserunde bei lovelybooks gewonnen, da mich der Titel ziemlich überrascht hat und ich als großer Shakespeare Fan natürlich ziemlich neugierig auf diese Geschichte war.

Anfangs war ich ziemlich skeptisch. Der Eindruck war eher gemischt.Die Schwestern werden anhand ihrer Pannen eingeführt, jede hat nicht wirklich etwas zu lachen.
Rose, die älteste Schwester, muss einem grauen Dozentenjob im Fach Mathematik nachgehen und sich zu Hause um ihre krebskranke (Brustkrebs) Mutter kümmern. Dazu muss sie auch noch ihren Verlobten ziehen lassen, der eine Gastprofessur in London bekommen hat.
Bean, das totale Gegenteil von Rose, lebt ein glamouröses Leben in New York, hat viele Affairen (unter anderem mit ihrem Chef) und wuselt in Glitzer und teuren Klamottenläden. Leider hat alles seinen Preis, wortwörtlich, sodass die "arme" Bean ihre Firma bestehlen muss, um ihren Lebensstandard zu halten und selbstverständlich fliegt sie auf und wird gefeuert. Welch eine Schande ist da dazu auch noch, dass sie nun wieder in das triste Städchen Barnwell zu ihren Eltern ziehen muss.
Cordy lebt ein absolutes Hippieleben. Jeden Tag mit jemand andrem woanders in eine anderen Stadt aufwachen. Menschen, Gefühle, Lügen und weiteres begleiten sie jeden Tag. Die Schnelllebigkeit der Jugend und ihrer Abenteuerlust zieht an Cordy vorbei. Jedoch nicht lange. Ein Schwangerschaftstest zwingt Cordy zum Rückzug in das heimische Barnwell... .
Anhand dieser Geschichten war ich natürlich ziemlich überrumpelt und dachte, wow, wenn das jetzt schon so beginnt, wie wird die Handlung erst später werden! Doch nach einem Auf kommt auch ziemlich schnell ein Runter... die nächsten 100 Seiten zogen sich dahin, vermischt mit Roses Strenge, der Krankheit ihrer Mutter und Beans Müßiggang zu Hause. Da konnte ich auch ab und an einen Gähner nicht unterdrücken und hoffte, dass die Geschichte sich noch beschleunigen wird.
Erfrischend fand ich natürlich die Erzählperspektive... die zwischen verschiedensten Ebenen hüpfte. Mal hatte man den Eindruck, dass die Autorin berichtet, im nächsten Zeitpunkt wurde aus Roses Sicht gesprochen, dann war jemand anders wieder dran... Ziemlich verwirrend und gewöhnungsbedürftig, aber ich habe mich ziemlich schnell danach ausgerichtet und dann empfand ich es als nicht weiter störend. Gewürzt würde das Ganze natürlich mit Shakespeare- Zitaten, die der euphorische Vater der drei Schwestern in fast jeglicher Rede von sich verwendete. Nun wird einem auch klar, weshalb Shakespeare- Schwestern (oft mit den drei Hexen im Epilog von Macbeth gleichgesetzt) auch so heißen. Alle drei Namen stammen aus Shakespeares Werken und stellen weibliche Handlungsfiguren seiner Dramen da. Rosalind, Bianca und Cordelia, welche auch ihrem Vater im Beherrschen vom passenden (und auch unpassenden *g*) Shakespeare Rezitationen in nichts nachstehen.
Die Handlung straffte sich alsdann, als Cordy eines Abends an der Tür ihrer Eltern klopfte. Da die Kleinste der Schwestern eine wahre Chaotin ist, ging es auch inhatlich etwas abwechslungsreicher zu. Das Buch hat dann auch ziemlich schnell einen Lieblingscharakter von mir entwickelt und zwar, dass man von Kapitel zu Kapitel die Entwicklung der Personen sah. Die Chaotin Cordy wurde auf einmal reifer und reifer, Bean wollte ihre Lügen gutmachen und Rose packte die Abenteuerlust. Und auf die schlussendliche Entwicklung darf wirklich jeder gespannt sein, weil sie selbst mich, die dann mit allem gerechnet hat, wirklich umgehauen hat. Gespannt darf man natürlich auch auf die Krankheitsentwicklung der Mutter der drei Schwestern sein und natürlich darauf, ob Cordy nun in ihrem Abenteuerdasein wirklich das Kind bekommen möchte.

Insgesamt fand ich diesen Roman für eine Erstveröffentlichung ziemlich gelungen. Er hat sowohl fesselnden, als auch vor sich hin plätschernden Charakter, belehrt, zeigt auf, belustigt, entlockt einem ein Schmunzeln oder ein kleines Tränchen... .
Für dieses Buch vergebe ich fünf von fünf Sternen.

 
Details zum Buch:
~ inseltaschenbuch Verlag
~ ISBN 978-3-458-35835-0
~ Preis: 14,99 € (D), 15,50€ (A)
~ Erscheinungsdatum: 21.05.2012
~ 372 Seiten


Freitag, 15. Juni 2012

[Rezension] Louisa Young - Eins wollte ich dir noch sagen


Hallihallöle allerseits. Ja, ich lebe noch und als Beweis sollte die folgende Rezension überzeugen ;-)
Also los geht's.

Dieses Büchlein durfte ich mal vor einer Ewigkeit bei vorablesen.de probelesen und die ersten Seiten haben mich sofort begeistert. Deswegen habe ich mich kurzerhand dafür beworben und schwupps... flatterte mir auch schon ein Rezensionsexemplar in den Briefkasten.

Der gute Ersteindruck bestätigte sich beim Weiterlesen. Man wird detailliert und liebevoll nach London im frühen 20iten Jahrhundert entführt. Duch einen blöden Zufall lernen sich Riley und Nadine, die Hauptfiguren, kennen, zu diesem Zeitpunkt noch im zarten Kindesalter. Nadine stammt aus einer wohlhabenden Familie, während Riley eher aus einem verarmten Arbeiterhaushalt kommt und sichtlich erfreut ist, dass er nun regen Kontakt mit den Adeligen pflegen kann. Aus diesem freundschaftlichen Verhältnis entwickelt sich nach und nach eine zarte Zuneigung, die bei gemeinsamen Kunststunden, die der nicht wenig begabte Riley zusammen mit Nadine erhält, zu einer leidenschaftlichen Liebe entflammt. Es folgen Berührungen und Geständnisse und Riley erhofft sich mehr, als es seinem Stand geziemt. Soweit, so gut.
Nun war ich gedanklich erstmal diesem Schnulzen - Cliché verfallen... zwei junge Menschen lieben sich, dürfen nicht zusammen sein, weil Standesschranken lala... irgendwie hat sich das mit dem Prolog widersprochen, der einfach nur grausam war und so gar nicht dazu gepasst hat.
Der Höhepunkt der, ich sag jetzt einfach mal ganz rabiat, Schnulze, war, dass Riley, der seiner geringen Chancen mit Nadine zusammen zu sein bewusst geworden ist, sich verzweifelt freiwillig für den Ersten Weltkrieg meldet. Pluspunkt war in dem Fall, dass es sich mal um Kriegsgeschehnisse außerhalb des Zweiten Weltkriegs handelte, der meiner Meinung nach, einfach nurnoch zu Brei durchgekaut wurde und schon zu Genüge thematisiert worden ist, als das dieses Thema noch irgendwelche Neuerungen hinsichtlich besonderer Erkenntnisse verspricht. Man sollte natürlich dennoch immer dran denken, wie schlimm es war. Ihr wisst schon.
Und ab da begann das Spannende. Aus der samtig- bitteren Liebesgeschichte wurde ein Survival- Roman mit all seinen Facetten. Louisa Young zeichnet hierbei perfekt den Alltag an der Front. Das Soldatenleben, das Reduziertsein auf das Tierische, Triebhafte und nurnoch sich und die Kameraden... im krassen Gegensatz dazu, der Aufstieg Rileys durch seine Leistungen an der Front... die fast schon pervers gegensätzlichen Verhältnisse eines Offiziers, die Gedanken und Gefühle eines Heimreisenden, eines Menschen, der zwischen zerfetzten Kameraden, onanierenden Soldaten und heulenden Traumatisierten an einem festhält... Nadine, ein paar schmutzigen Briefen und seiner Liebe zu ihr.
Puh... hier musste ich echt oft schlucken und das Buch erstmal weglegen. Es ist alles einfach zu krass um erlogen zu sein und zu traurig, um wahr zu sein.
Parallel zu Rileys Überlebenskampf erfährt der Leser auch etwas über Nadine, die in ihrer Lage als vorbildliche Tochter, auf den, ihrer Mutter nach, richtigen Ehemann wartend, verzweifelt. Sie möchte helfen, sie möchte tätig sein und nicht länger warten, denn in ihrem Herzen steht ihr Traummann schon fest. Hach ja... die Liebe in Zeiten des Krieges.
Der Höhepunkt des Buches, würde ich jetzt laienhaft behaupten, wird erreicht, als Riley bei einem Sturmangriff gegen Frankreich schwer verwundet wird. Beim Rettungsversuch eines Kameraden zerfetzt eine Grante Rileys Gesicht... . Seine Verzweiflung ist so groß, dass er kurzerhand danach das Liebesverhältnis zu Nadine durch eine vorgetäusche Affaire auflöst und das Mädchen, das am Boden zerstört ist, dazu bringt, sich als Lazarettschwester nach Frankreich versetzen zu lassen... wo nurnoch Tod, Elend und Leid herrschen... . Diese ganzen Verwicklungen hindern die Protagonisten dennoch nicht daran, dass eines Tages, Nadine plötzlich vor dem völlig verstümmelten Riley steht... .
Nebenbei zur Geschichte der beiden Liebenden verlaufen noch ein paar andere Geschichten von Rileys Frontkameraden, dessen Frauen etc., die sich aber am Ende alle zu einer einzigen Geschichte knüpfen und für den Ausgang nicht ganz unwichtig sind. Auf jeden Fall auch hier viel Spannung und Herzblut.

Insgesamt ist das Buch nicht nur für Geschichtsinteressierte und starke Menschen eine Herausforderung. Louisa Young erweist sich als eine unglaublich gute Schriftstellerin, die munitiös die psychischen Abstürze und Folgen von Kriegserlebnissen und Verwundungen nachzeichnet und die Schwierigkeiten der Rückkehr in die "normale" Welt aufzeigt, in der selbst während des Krieges alles wie immer abzulaufen scheint, parallel zur Morbidität, dass Tausende Männer und Söhne jede Sekunde an der Front sterben.
Die Sprache wechselt zwischen ebenso morbider Alltagssprache, Flüchen und Beschimpfungen und langen Monologen, die oft sehr detailliert und beinah poetisch verlaufen. Zwei Welten prallen auch hier aufeinander und scheinen sich doch, obwohl unvereinbar, zu einen.

Für dieses Buch vergebe ich vier von fünf Sternen.

Details zum Buch:
~ List Verlag
~ ISBN 978-3-471-35047-8
~ Preis: 18 € (D), 18,50€ (A)
~ Erscheinungsdatum: 07.10.2011
~ 224 Seiten